Lohngerechtigkeitsgesetz - jetzt!

IG Metall: Wer die Besten will, kann auf Frauen nicht verzichten.

21.06.2016 In einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages fordern der DGB und weitere Verbände ein Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit.

Frauen und Männer müssen gleich bezahlt werden. Das steht zwar im Grundgesetz, doch in der Praxis liegen die Entgelte der Frauen 21 Prozent unter denen der Männer. In einem offenen Brief wenden sich der DGB und weitere Verbände an Bundeskanzlerin Merkel und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Sie fordern ein Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit. Wir dokumentieren hier den Brief im Wortlaut:

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
sehr geehrte Frau Abgeordnete,
sehr geehrter Herr Abgeordneter,

zwischen Männern und Frauen klafft in Deutschland eine Entgeltlücke von rund 21 %. Im europäischen Vergleich gehört Deutschland damit zu den Schlusslichtern in Sachen Entgeltgleichheit. Zu Recht hat sich die große Koalition zum Ziel gesetzt, den Ursachen der Lohndifferenz auf verschiedenen Ebenen entgegenzuwirken, denn Lohndiskriminierung ist eine Verletzung der Menschenrechte.

Zu den Vorhaben, auf die sich die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag verständigt haben, gehört eine gesetzliche Regelung zur Beseitigung der Lohndiskriminierung auf betrieblicher Ebene. Das Gebot der gleichen Bezahlung für gleiche und gleichwertige Arbeit ist seit Jahrzehnten geltendes Recht in Europa und in Deutschland. Dieses Recht durchzusetzen ist Aufgabe des Gesetzgebers, dazu müssen die Unternehmen in die Pflicht genommen werden.

Bereits vor Monaten hat Bundesministerin Manuela Schwesig den Entwurf eines Gesetzes für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern vorgelegt. Ziel ist es, durch mehr Transparenz auf betrieblicher Ebene zur Überwindung der Entgeltlücke beizutragen. Zu diesem Zweck soll ein individueller Auskunftsanspruch für alle Beschäftigten geschaffen werden. Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und Teile der Bundesverwaltung sollen verpflichtet werden, ihre betriebliche Entlohnungspraxis zu überprüfen, darüber zu berichten und Abhilfe zu schaffen, wenn Benachteiligungen festgestellt werden.

Dass Transparenz und Verbindlichkeit wirken, ist vielfach belegt: Wo nach Tarif bezahlt wird und ein Betriebsrat mitbestimmt, fällt die Entgeltlücke deutlich geringer aus - weil die Kriterien der Bezahlung nachvollziehbar sind. Doch nur gut die Hälfte aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer profitiert von einer Tarifbindung ihres Arbeitgebers, noch weniger werden durch eine Interessenvertretung im Betrieb unterstützt. Besonders wichtig ist daher ein Auskunftsanspruch für alle Beschäftigten: Sie müssen ein Recht haben zu erfahren, wie das eigene Gehalt im Verhältnis zu dem der Kolleginnen und Kollegen begründet ist. Nur dann können sie Benachteiligungen aufdecken.

Wir sind überzeugt: Ein Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern wird einen erheblichen Beitrag zur Überwindung der Lohnlücke leisten, wenn es die bisher vorgesehenen Instrumente beinhaltet: den individuellen Auskunftsanspruchs für alle Beschäftigten, die Verpflichtung zur Überprüfung ihrer Entgeltpraxis für Teile der Bundesverwaltung und für Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten sowie eine Berichtspflicht zu Frauenförderung und Entgeltgleichheit.

Darüber hinaus legt der Entwurf fest, dass in Stellenanzeigen das Mindestentgelt angegeben werden muss und Verschwiegenheitsklauseln in Sachen Entgelt nichtig sind. Gelingt die Umsetzung des geplanten Gesetzes, wird zumindest in Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten Entgeltdiskriminierung bald der Vergangenheit angehören. Die Berichtspflichten werden außerdem offenlegen, in welchen Unternehmen der Aufstieg von Frauen gelingt und welche Schritte darüber hinaus notwendig sind, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Das wird sich auch positiv auswirken auf die Betriebe, die vom Geltungsbereich des Gesetzes zunächst nicht erfasst werden.

Wer die Lohnlücke schließt, entlastet auch Männer von der ihnen allzu oft zugeschriebenen Funktion als "Haupternährer" und erleichtert ihnen die Übernahme fürsorglicher Verantwortung für sich und ihre Familien. Für Frauen verbessern sich damit die Chancen auf wirtschaftliche Unabhängigkeit und eine eigenständige Alterssicherung. Und so wird die partnerschaftliche Aufgabenteilung von Job und Familie endlich auch rechnerisch möglich.

Wir fordern Sie auf, das Recht auf gleiche Bezahlung für gleiche und gleichwertige Arbeit endlich durchzusetzen. Unterstützen Sie den von Bundesministerin Schwesig vorgelegten Entwurf eines Gesetzes für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern - jetzt!

Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen
Bundesforum Männer - Interessenverband für Jungen, Männer & Väter
Deutscher Frauenrat
Deutscher Gewerkschaftsbund - Bundesvorstand
SoVD - Sozialverband Deutschland

Letzte Änderung: 21.06.2016