Presseinformation zum Thema Kurzarbeit

IG Metall: Pressemitteilung

29.04.2020 Kurzarbeit in IG Metall-Branchen im Südwesten nimmt weiter zu Konjunkturprogramm für Innovation und Klimaschutz nutzen Zitzelsberger: "Müssen mit allen Beschäftigten durch die Krise kommen"

Stuttgart. In den baden-württembergischen IG Metall-Branchen befinden sich immer mehr Beschäftigte in Kurzarbeit. Derzeit sind mehr als 525.000 Beschäftigte in 690 Betrieben in Kurzarbeit oder davon bedroht. Das hat eine aktuelle Umfrage unter knapp 900 Betrieben mit über 600.000 Beschäftigten ergeben. Insgesamt vertritt die IG Metall im Südwesten in ihren Branchen - Metall und Elektro, Holz und Kunststoff, Textil und Bekleidung, Edelmetall sowie Kfz-, Metall-, Elektrohandwerk und Technische Gebäudeausrüstung - etwa 1,2 Millionen Beschäftigte.

Verglichen mit den bundesweiten Zahlen sind baden-württembergische Betriebe überproportional von Kurzarbeit betroffen. Gegenüber der letzten Befragung Anfang April hat sich die Betroffenheit im Südwesten von knapp 75 auf nunmehr fast 78 Prozent erhöht. In nahezu jedem dritten Betrieb wurde Kurzarbeit für die komplette Belegschaft angemeldet. In jedem sechsten Unternehmen wird gar nicht mehr gearbeitet (Kurzarbeit "Null"), weitere 25 Prozent der Betriebe haben die Arbeitszeit um mehr als 50 Prozent abgesenkt. In jedem zweiten Unternehmen wird mittlerweile erwartet, dass die Kurzarbeit von heute an weitere sechs Monate oder länger dauert.

Zuzahlungsregelungen zum Kurzarbeitergeld zahlen sich aus

Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg: "Die Ergebnisse bestätigen unsere Befürchtungen, dass die Betroffenheit das Niveau der Krise 2008/2009 übertrifft. Insbesondere die Erwartungen von weiteren sechs Monaten oder mehr Kurzarbeit sind bedenklich. Umso mehr zahlt sich jetzt aus, dass wir mit fast all unseren Tarifvertragspartnern auf der Arbeitgeberseite seit langem weitreichende Zuzahlungsregelungen zum gesetzlichen Kurzarbeitergeld vereinbart haben." Lediglich in 8,4 Prozent der baden-württembergischen Betriebe sind die Beschäftigten der Umfrage zufolge allein auf das Kurzarbeitergeld von 60 beziehungsweise 67 Prozent ihres Netto angewiesen, bundesweit beträgt dieser Wert fast 23 Prozent. In dem Zusammenhang begrüßt die IG Metall die jüngsten Beschlüsse zur Erhöhung des gesetzlichen Kurzarbeitergelds.

Die Ursachen für Kurzarbeit liegen nach wie vor in Problemen mit den Lieferketten sowie der Auftragslage. Demnach berichten mehr als zwei Drittel der Betriebe im Land von gestörten oder gefährdeten Lieferketten, in über 20 Prozent ist die Auftragslage abgebrochen, in weiteren 50 Prozent befindet sie sich auf Krisenniveau. Auch diese Werte liegen im Südwesten höher als im Schnitt des gesamten Bundesgebiets. Liquiditätsengpässe sieht momentan einer von 10 Betrieben, weitere 20 Prozent rechnen damit in den nächsten vier bis sechs Wochen, 7 Prozent sehen schon heute eine akute Insolvenzgefahr.

Konjunkturprogramm für mehr Nachfrage und Klimaschutz

Angesichts des starken ökonomischen Einbruchs unterstützt die IG Metall Baden-Württemberg Forderungen für ein Konjunkturprogramm. Die Liquiditätshilfen der Politik sind richtige Schritte zur Stabilisierung der Wirtschaft gewesen, notwendig sind jetzt konjunkturelle Impulse. "Liquiditätssicherung ist richtig und wichtig, schafft aber noch keine Nachfrage", so Zitzelsberger. Die IG Metall Baden-Württemberg schlägt vor, ein Konjunkturprogramm mit einer klimagerechten Industrieproduktion und der Stärkung öffentlicher Dienstleistungen zusammenzudenken. Konkret wirbt die IG Metall für ein Sofortprogramm für klimagerechte Produktionsanlagen sowie für ein Förderprogramm, mit dem veraltete, besonders klimaschädliche Autos von der Straße kommen. "Die Stoßrichtung lautet CO2-Einsparungen im Verkehr zu realisieren," so Zitzelsberger. Darüber hinaus müsse die öffentliche Infrastruktur gestärkt werden.

Gesundheit der Beschäftigten muss im Mittelpunkt stehen

Erfreulich ist laut Zitzelsberger, dass das Thema Personalabbau für 9 von 10 Betrieben bisher kein Thema ist, allerdings wurden in über 40 Prozent der Betriebe Leiharbeiter abgemeldet oder Befristungen nicht verlängert. Auch die Ausbildungsplätze scheinen nicht in Gefahr, lediglich 4 Prozent planen der Umfrage zufolge eine Reduktion. "Entscheidend ist, dass die Betriebe mit all ihren Beschäftigten durch die Krise kommen, damit wir beim Wiederanlauf ausreichend Personal an Bord haben. Insbesondere an der Ausbildung darf auf keinen Fall gespart werden." Klar sei allerdings auch: Selbst nach Abklingen der Pandemie sei nicht alles wieder wie vorher. Vielmehr brauche es eine langfristige Strategie für den Übergang in eine neue Normalität: "Und die muss gemeinsam mit den Beschäftigten und der IG Metall erarbeitet werden und die Gesundheit der Belegschaften in den Mittelpunkt stellen."

Letzte Änderung: 29.04.2020